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Karl Emil Scherz – Architekt und Ortschronist aus Blasewitz
Im Mai vor 90 Jahren stellte er seine „Ortsgeschichtliche Sammlung“ vor


Die nach Plänen von Karl Emil Scherz (31.08.1860-10.10.1945) an der Sommerstraße (heute Sebastian-Bach-Straße 13) errichtete Heilig-Geist-Kirche wurde am 15. Oktober 1893 feierlich eingeweiht.

Die Heilig-Geist-Kriche, Zeichnung von Karl-Emil-Scherz, 1891Sakralbauten gehörten zu einem wesentlich Bestandteil im Schaffen des Blasewitzer Architekten, ebenso auch Villenbauten. Neben Wohn- und Kirchenbauten nahmen Schulgebäude und der Rathauserweiterungsbau zu Blasewitz eine wichtige Stellung ein. Weiterhin baute Scherz Bank- und Industriegebäude, Restaurants oder diese auch um, einige Läden und ein Schloss, auch schuf er Grabmäler. Durch sein Büro für Architektur und Bauausführung in Blasewitz wurden seit Herbst 1889 über drei Jahrzehnte etwa 100 Projekte realisiert. Scherz, der bei den wichtigsten die Bauleitung selbst übernahm war hauptsächlich Vertreter der historisierenden Architektur. Als jedoch nach über zehn Jahren seines Schaffens mit dem Jugendstil der Beginn der Moderne auch in Dresden und Umgebung Einzug hielt, stellte sich Scherz dieser neuen Stilart und verquickte sie mit der Architektur des Historismus wie seine Gebäude außen- und innenarchitektonisch belegen. Aber mit dem weiteren Fortschreiten dieser neuen Epoche der Baugeschichte, als sie sich völlig vom Historismus gelöst hatte, hörte Scherz’ Werk mit den Zwanzigerjahren auf. Die meisten seiner Bauten zeugen von handwerklicher Solidität und liegen in ihrer Qualität über dem Durchschnitt. Eine ganze Reihe Aufträge belegen die Anerkennung, die er in Dresden genoss (z.B. 1894/95 Erneuerung der Kreuzkirche). Über Jahrzehnte hinweg bekleidete der 1908 zum Königlichen Baurat ernannte Architekt die verschiedensten Ehrenämter, so im Blasewitzer Gemeinderat, Kirchenvorstand, Schulvorstand und im Friedhofsausschuss. Der gebürtige Loschwitzer war von seinem zweiten Lebensjahr an bis zu seinem Tode 1945 (Grab auf dem Johannisfriedhof Tolkewitz) in Blasewitz ansässig. Seine eigene Villa baute er sich in der Sommerstraße 17 (direkt neben seinem Blasewitzer Elternhaus).

Karl Emil ScherzKarl Emil Scherz galt als der „Ortschronist von Blasewitz“. Er regte Otto Gruner zu der 1905 erschienenen Blasewitzer Ortschronik an (z.B. besitzt die Blasewitzer Bibliothek noch ein Exemplar) und unterstützte deren Herausgabe. Seine heimatgeschichtlichen Sammlungen und Publikationen mündeten letztlich in einem weiteren Lebenswerk – in der äußerst wertvollen „Ortsgeschichtlichen Sammlung Blasewitz und Umgegend“. Vom 16. bis 19. Mai 1912 stellte der Blasewitzer Heimatforscher Karl Emil Scherz diese schon damals umfangreiche ortsgeschichtliche Privatsammlung im Rahmen des 25jährigen Bestehens des Grundbesitzervereins zu Blasewitz vor. Das war ein besonderes Bonbon in der Ortsgeschichte von Blasewitz. Die „Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse“ – das Amtsblatt für die Königlichen Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Neustadt und auch für die Gemeinde Blasewitz – berichtete in der Nr. 115 vom 19. Mai 1912 über dieses seitdem nie wiedergekehrte Ereignis. Etwa 4000 Gäste besuchten damals die Ausstellung in der Turnhalle, die noch heute zur 63. Grundschule bzw. zum Blasewitzer Gymnasium an der Wägnerstraße gehört. Unter ihnen war Oskar Seyffert (1862-1940), der dieser Ausstellung hohe Anerkennung zollte und durch den 1913 das „Landesmuseum für Sächsische Volkskunst“ eröffnet werden konnte. Scherz stellte später dem Inhaltsverzeichnis seiner „Ortsgeschichtliche Sammlung“, diesem zusammengetragenen, außerordentlich bedeutsamen Fundus an Dokumenten und Zeitzeugnissen, die folgenden sehr bemerkenswerten Sätze voran: „Die Ortsgeschichtliche Sammlung hat den Zweck, die Geschichte von Blasewitz, nachdem die Gemeinde Blasewitz am 1. April 1921 nach Dresden eingemeindet worden ist, lebendig zu erhalten, damit sie unseren Kindern und deren Nachkommen in dankbarer Erinnerung bleibt. Die ehemalige Dorfgemeinde verdient es auch, daß deren Entwicklung und Blütezeit kommenden Geschlechtern Zeugnis gibt, was Gemeinsinn und Liebe zur Heimat geleistet haben. Hätten unsere Vorfahren nicht mit weitem Blick in die Zukunft vorgesorgt, so wären die Fluren von Blasewitz in Baustellen aufgeteilt und Blasewitz ein Spekulantendorf geworden.“ Einem solchen Geist, dem Gemeinsinn ein wichtiges Anliegen war, entsprach auch der Wille, die Sammlung in ihrer Gesamtheit der Stadt Dresden zu übereigenen. Die Tochter des Architekten, Fräulein Christine Emma Scherz (1903-1989), erfüllte dieses Vermächtnis indem sie sich wenige Jahre vor ihrem Tode entschloss, das von ihr mehr als vier Jahrzehnte sorgsam aufbewahrte Material dem damaligen Institut für Denkmalpflege, Arbeitsstelle Dresden (heute Landesamt für Denkmalpflege), zu überlassen. Hier befindet es sich seit 1986, wo es leider in Ermangelung an Personal nur bedingt, aber nicht immer entsprechend genutzt werden kann. Ein in Dresden-Blasewitz befindliches Museum würde dem Willen von Scherz voll entsprechen. Doch „Wer kann das bezahlen, wer hat so viel Geld?“

Kurt-Dieter Prskawetz


Bilderklärungen: 

Bild 1: Die Heilig-Geist-Kriche, Zeichnung von Karl-Emil-Scherz, 1891
Quelle: Lux/Prskawetz: "Blasewitz im historischen Elbbogen", PRO PESS Dresden, 1994

Bild 2: Karl Emil Scherz
Quelle: Lux/Prskawetz: "Blasewitz im historischen Elbbogen", PRO PESS Dresden, 1994

 

Der Artikel erschien in der Blasewitzer Zeitung - Dresdner Stadtteilzeitung von Blasewitz, Gruna, Johannstadt, Seidnitz, Striesen, Tolkewitz (Ausgabe Mai 2002, Nr. 18)

 


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