Karl Emil Scherz – Architekt und
Ortschronist aus Blasewitz
Sakralbauten
gehörten zu einem wesentlich Bestandteil im Schaffen des Blasewitzer
Architekten, ebenso auch Villenbauten. Neben Wohn- und Kirchenbauten nahmen
Schulgebäude und der Rathauserweiterungsbau zu Blasewitz eine wichtige Stellung
ein. Weiterhin baute Scherz Bank- und Industriegebäude, Restaurants oder diese
auch um, einige Läden und ein Schloss, auch schuf er Grabmäler. Durch sein Büro
für Architektur und Bauausführung in Blasewitz wurden seit Herbst 1889 über
drei Jahrzehnte etwa 100 Projekte realisiert. Scherz, der bei den wichtigsten
die Bauleitung selbst übernahm war hauptsächlich Vertreter der
historisierenden Architektur. Als jedoch nach über zehn Jahren seines Schaffens
mit dem Jugendstil der Beginn der Moderne auch in Dresden und Umgebung Einzug
hielt, stellte sich Scherz dieser neuen Stilart und verquickte sie mit der
Architektur des Historismus wie seine Gebäude außen- und innenarchitektonisch
belegen. Aber mit dem weiteren Fortschreiten dieser neuen Epoche der
Baugeschichte, als sie sich völlig vom Historismus gelöst hatte, hörte
Scherz’ Werk mit den Zwanzigerjahren auf. Die meisten seiner Bauten zeugen von
handwerklicher Solidität und liegen in ihrer Qualität über dem Durchschnitt.
Eine ganze Reihe Aufträge belegen die Anerkennung, die er in Dresden genoss
(z.B. 1894/95 Erneuerung der Kreuzkirche). Über Jahrzehnte hinweg bekleidete
der 1908 zum Königlichen Baurat ernannte Architekt die verschiedensten Ehrenämter,
so im Blasewitzer Gemeinderat, Kirchenvorstand, Schulvorstand und im
Friedhofsausschuss. Der gebürtige Loschwitzer war von seinem zweiten Lebensjahr
an bis zu seinem Tode 1945 (Grab auf dem Johannisfriedhof Tolkewitz) in
Blasewitz ansässig. Seine eigene Villa baute er sich in der Sommerstraße 17
(direkt neben seinem Blasewitzer Elternhaus). Karl Emil Scherz galt als der „Ortschronist
von Blasewitz“. Er regte Otto Gruner zu der 1905 erschienenen
Blasewitzer Ortschronik an (z.B. besitzt die Blasewitzer Bibliothek noch ein
Exemplar) und unterstützte deren Herausgabe. Seine heimatgeschichtlichen
Sammlungen und Publikationen mündeten letztlich in einem weiteren Lebenswerk
– in der äußerst wertvollen „Ortsgeschichtlichen Sammlung Blasewitz und
Umgegend“. Vom 16. bis 19. Mai 1912 stellte der Blasewitzer Heimatforscher
Karl Emil Scherz diese schon damals umfangreiche ortsgeschichtliche
Privatsammlung im Rahmen des 25jährigen Bestehens des Grundbesitzervereins zu
Blasewitz vor. Das war ein besonderes Bonbon in der Ortsgeschichte von
Blasewitz. Die „Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse“ – das Amtsblatt
für die Königlichen Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Neustadt und
auch für die Gemeinde Blasewitz – berichtete in der Nr. 115 vom 19. Mai 1912
über dieses seitdem nie wiedergekehrte Ereignis. Etwa 4000 Gäste besuchten
damals die Ausstellung in der Turnhalle, die noch heute zur 63. Grundschule bzw.
zum Blasewitzer Gymnasium an der Wägnerstraße gehört. Unter ihnen war Oskar
Seyffert (1862-1940), der dieser Ausstellung hohe Anerkennung zollte und
durch den 1913 das „Landesmuseum für Sächsische Volkskunst“ eröffnet
werden konnte. Scherz stellte später dem Inhaltsverzeichnis seiner „Ortsgeschichtliche
Sammlung“, diesem zusammengetragenen, außerordentlich bedeutsamen Fundus an
Dokumenten und Zeitzeugnissen, die folgenden sehr bemerkenswerten Sätze voran:
„Die Ortsgeschichtliche Sammlung hat den Zweck, die Geschichte von Blasewitz,
nachdem die Gemeinde Blasewitz am 1. April 1921 nach Dresden eingemeindet worden
ist, lebendig zu erhalten, damit sie unseren Kindern und deren Nachkommen in
dankbarer Erinnerung bleibt. Die ehemalige Dorfgemeinde verdient es auch, daß
deren Entwicklung und Blütezeit kommenden Geschlechtern Zeugnis gibt, was
Gemeinsinn und Liebe zur Heimat geleistet haben. Hätten unsere Vorfahren nicht
mit weitem Blick in die Zukunft vorgesorgt, so wären die Fluren von Blasewitz
in Baustellen aufgeteilt und Blasewitz ein Spekulantendorf geworden.“ Einem
solchen Geist, dem Gemeinsinn ein wichtiges Anliegen war, entsprach auch der
Wille, die Sammlung in ihrer Gesamtheit der Stadt Dresden zu übereigenen. Die
Tochter des Architekten, Fräulein Christine Emma Scherz (1903-1989), erfüllte
dieses Vermächtnis indem sie sich wenige Jahre vor ihrem Tode entschloss, das
von ihr mehr als vier Jahrzehnte sorgsam aufbewahrte Material dem damaligen
Institut für Denkmalpflege, Arbeitsstelle Dresden (heute Landesamt für
Denkmalpflege), zu überlassen. Hier befindet es sich seit 1986, wo es leider in
Ermangelung an Personal nur bedingt, aber nicht immer entsprechend genutzt
werden kann. Ein in Dresden-Blasewitz befindliches Museum würde dem Willen von
Scherz voll entsprechen. Doch „Wer kann das bezahlen, wer hat so viel Geld?“
Bild 1: Die
Heilig-Geist-Kriche, Zeichnung von Karl-Emil-Scherz, 1891 Bild 2: Karl Emil Scherz
Der Artikel erschien in der (Ausgabe Mai 2002, Nr. 18)
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