Die
Cosel in Blasewitz?
Richtig, es geht um die Mätresse des Kurfürsten von Sachsen, Friedrich August I. bzw. Königs
von Polen, August II. (12.05.1670-01.02.1733), um die Reichsgräfin Anna
Constantia Cosel (17.10.1680-31.03.1765). Neun Jahre (1705-1714) lebte sie, länger
als alle anderen Mätressen Augusts des Starken, mit ihm zusammen, bis sie bei
ihm in Ungnade fiel. Galant geht man heute über seinen amourösen Lebenswandel
hinweg. Doch auf die Cosel bezogen wissen wir: Sie, die Mutter seiner drei
Kinder, eine der schönsten und geistreichsten Frauen des 18. Jahrhunderts, ließ
er von ihrem 36. Lebensjahr an verkommen. 49 Jahre verbrachte Sie - nie
offiziell in Freiheit gesetzt - hinter den Kerkermauern Stolpens. Auf dem Weg zu
dieser ein halbes Jahrhundert währenden Festungshaft berührte sie noch ein
letztes Mal vor Stolpen, zwar schon als Gefangene, so doch Boden außerhalb des
schmachvollen Gefängnisses, nämlich in Blasewitz, wie wir hier abschließend
erfahren werden.
Unbekannt war der in Depenau (Holstein) geborenen Tochter des Gutsbesitzers
Rittmeister von Brockdorff (zuletzt Oberst) das Dörfchen nicht. August der
Starke schätzte an ihr, dass sie energisch, geistreich sowie eine fabelhafte
Reiterin und treffsichere Schützin war. Vor allem Reiten und Schießen hatte
sie bei ihrem Vater gelernt. Die Cosel begleitete den Kurfürsten überall hin.
So auch zur Jagd. Gelegentlich führte sie ihr Jagdvergnügen durch das
Blasewitzer Tännicht und damit zuweilen nach Blasewitz, das sich im jagdlichen
"Untergehege" der Wettiner befand. Bis 1704 gehörte hier ein Gut am
Dorfanger, die "Kurfürstliche Schenke", ihm als Jagdhaus. Seine Großmutter,
Kurfürstin Magdalena Sybilla (1612-1687), hatte es im Jahre seiner Geburt
als solches und Wohnung für den Hegereiter gekauft. Als es baufällig war,
schenkte er es Peter Matthai, seinem ehemaligen Stubenheizer.
Damit soll aber die Frage nach der Cosel in Blasewitz nicht beantwortet sein.
Eingeweihte wissen, dass es lange Zeit Vermutungen gab, die Cosel könnte ganz
in der Nähe von Blasewitz, ja, noch auf der alten östlichen Flur des Dorfes
gewohnt haben. Der Direktor der Akziseverwaltung Sachsens und Kabinettminister
Geheimer Rat Freiherr Adolf Magnus von Hoym (1668-1724) hatte Anna Constanze
Brockdorff 1703 geheiratet. Es ist vor allem dem polnischen Autor Józef Ignacy Kraszewski zuzuschreiben, der u.a.
in seinem Roman "Gräfin Cosel" (1873) erzählte, Hoym hätte seine
Frau auf einem Landgut versteckt gehalten, aber bei einem Weingelage 1000 Taler
gewettet, sie sei Sachsens schönste Frau. Daraufhin habe August
der Starke einen Reiter "gegen" Laubegast geschickt, sie möge zu ihm
aufs Schloss kommen. Später wurde in Laubegast und andernorts, so auch in
Blasewitz nach jenem Aufenthaltsort geforscht. Immerhin, nach altem
Sprachgebrauch hieß "gegen" nicht nur "nach" sondern auch
"in Richtung". Außerdem hatte Kraszewski 1864 bis 1866 einen Wohnsitz
in Blasewitz (etwa Angelsteg), in unmittelbarer Nachbarschaft zum Blasewitzer
Gartenarchitekturbüro Max Bertram (Schillerplatz). Bertrams erster Auftrag war
übrigens der für die Gartenanlage zu Kraszewskis Haus in der Nordstraße.
Heute ist klar, die Nachforschungen allesamt waren fruchtlos, weil sich's mit
der Cosel, von Hoym und dem Kurfürsten anders verhielt.
Und doch war die Cosel, wie schon angedeutet, in Blasewitz. In Ungnade gefallen,
dürfte sie ab 1714 Dresden nicht mehr betreten. Schließlich verlangte August
der Starke für 200 000 Taler auf Pillnitz
und ihre sonstigen Besitzungen zu verzichten und das landesherrliche
Eheversprechen zurückzugeben. In wohl einer Kurzschlussreaktion floh sie
daraufhin am 12. Dezember 1715 nach Berlin. Nie erfuhr der König von Preußen,
Friedrich Wilhelm I., von ihr irgendwelche Interna sächsischer Politik. Die Affäre
nutzte ihm jedoch, indem August der Starke ihm für die Auslieferung der Cosel
das Versprechen gab, künftig alle preußischen Deserteure auszuliefern und er
einige "lange Kerls" aus Sachsen erhielt. In Halle wurde die Cosel
verhaftet, am 22.11.1716 an der sächsischen Grenze ausgeliefert und zunächst
nach Schloss Nossen gebracht, wo sie erkrankte; eine rechtsseitige Lähmung
stellte sich ein. Am 24. Dezember 1716, man bedenke, Heilig Abend, erhielt
Hauptmann Holm des Dragonerregiments die Order August des Starken, die Cosel
nach Stolpen zu schaffen. Eine Kutsche fuhr vor. Die Gräfin zum Sitzen zu
schwach, musste sich hinlegen. Ein starkes Wachkommando, darunter mehrere
Offiziere, umringten den Wagen von allen Seiten. In Blasewitz hielten
Wachmannschaften und Wagen vor dem hier schon benannten Gasthaus am Dorfplatz.
Der Wirt servierte fünf Schüsseln. Die Cosel konnte kaum etwas essen. Für
Blasewitz interessant ist, dass die Cosel erst am 25. Dezember 1716, einen Tag
später, in der Festung auf dem Basaltkegel eintraf. Sollte das "Coselhäuschen"
in Blasewitz (Stelle nicht bekannt) damit in Verbindung stehen?
Kurt-Dieter Prskawetz,
09. Dezember 2002
Wenn
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BZ-Artikeln, die Bestandteil des Projektes sind, haben, können Sie Herrn
Prskawetz per eMail unter
oder telefonisch
unter 01803 684 306 930 (Anrufbeantworter/Fax; 9 Cent/min.) erreichen.
Bilderklärungen:
Bild 1: Anna Constantia Reichsgräfin von Cosel, Schabblatt von P. Schenk, 1710
Quelle: Kupferstichkabinett Dresden
Bild 2: Friedrich August I. (August der Starke), Kupferstich von M. Bernigeroth
Quelle: Kupferstichkabinett Dresden
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